Wassersensible Stadtentwicklung in

Digitalisierung

Die Digitalisierung begleitet uns in fast allen Lebensbereichen. Auch in Bezug auf die blau-grüne Stadtentwicklung gewinnt die Einbindung digitaler Technologien zunehmend an Bedeutung.  Smarte blau-grüne Infrastrukturen können Arbeitsabläufe vereinfachen, Daten bereitstellen oder Systeme und Informationen vernetzten. Bislang sind digitale blau-grüne Infrastrukturen kein Standard, sondern werden nur vereinzelt umgesetzt.

Potenziale der Digitalisierung für blau-grüne Infrastrukturen

Die wassersensible Stadtentwicklung kann durch Digitalisierung unterstützt werden, wenn die nötige technische Infrastruktur vorhanden ist. Digitalisierung trägt dann zur Verbesserung von Effektivität & Effizienz, Wahrnehmung, Kommunikation, Teilhabe und Transparenz bei.

Digitalisierung kann auf allen Ebenen einen Mehrwert schaffen: in der Gewässerentwicklung, Objektplanung, Quartiersplanung, Grün- und Straßenplanung. Durch Analysen und Simulationen lassen sich Ist-Zustände und zukünftige Entwicklungen aufzeigen. Die Digitalisierung von Kartenmaterial, welches dann miteinander verschnitten werden kann (Starkregengefahrenkarten, Fließpfade, Hitzehotspots etc.), die Nutzung von Sensoren oder die Einbindung von Fernerkundungsdaten bilden wichtige Informationsgrundlagen für die verschiedenen Fachplanungen.

Durch die Digitalisierung bieten sich neue Möglichkeiten der Informationserfassung und -verarbeitung, um die Bevölkerung vor möglichen Gefahren zu warnen. Beispielsweise fließen die Informationen der blau-grünen Infrastrukturen bei Überflutung oder Hitze in Frühwarnsysteme ein, auf deren Basis Verhaltensanweisungen per App gegeben werden können oder die Straßenführung automatisiert und intelligent angepasst wird. Zudem lassen sich Oberflächengewässer qualitativ, beispielsweise in Bezug auf Blaualgen, und quantitativ (Hoch- und Niedrigwasser) überwachen.

Durch die Nutzung von Smart Meter Technologien wird das transparente Erfassen von aktuellen Verbrauchsdaten ermöglicht, was Tarife und Deckelungen flexibler macht. So kann auch die Bevölkerung hinsichtlich ihres Verbrauchs sensibilisiert werden, was beispielsweise einen sparsamen Verbrauch bei Wassermangel fördern kann oder den Einsatz von Betriebs- und Regenwasser anstelle von Trinkwasserersatz begünstigen kann. Um Wasserressourcen zu schonen, lassen sich außerdem Betriebswassersysteme überwachen und die Bewässerung von urbanem Grün durch smarte Lösungen steuern, bspw. durch die dauerhafte Messung der Bodenfeuchte.

Datenbanken und -plattformen können Informationen für Verwaltung und Bürgerschaft bereitstellen. Netzwerke befähigen zur Teilhabe, Onlineformate und digitale Darstellungsmöglichkeiten (z. B. digitale Stadtplanungstische) können die Beteiligung an kommunalen Prozessen erhöhen.

Herausforderungen der Digitalisierung für blau-grüne Infrastrukturen​

Die Bedenken hinsichtlich der fortschreitenden Digitalisierung sind vielfältig. Insbesondere im Bezug auf Sicherheit und Umsetzbarkeit gibt es für Kommunen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Sicherheit

Zu den Sektoren der kritischen Infrastruktur (KRITIS) gehört u. a. die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, daher ist hier eine digitale Bereitstellung von Daten nur mit Einschränkung möglich.

Digitale Lösungen sind abhängig von Strom/Energie, daher kann es bei Störungen in der Stromversorgung zu Ausfällen kommen. Insbesondere für Notsituationen (z. B. Überflutungen) müssen analoge Notfallsysteme ergänzend vorgehalten werden.

Beim Vernetzten von digitalen Infrastrukturen können Schwachstellen eines Betreibers eine Gefahr für weitere Betreiber darstellen.

Cloud-Lösungen, KI-Systeme und Datenübertragung und Plattformen sind anfällig gegenüber gezielten Angriffen. Daher ist der Schutz vor solchen besonders wichtig.

Umsetzbarkeit

Der Digitalisierungsgrad in Kommunen ist sehr unterschiedlich. Benötigte Infrastrukturen müssen teilweise erst geschaffen werden.

Die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen ist maßgeblich von den finanziellen Möglichkeiten bzw. der Finanzierbarkeit der Vorhaben abhängig. Neben den Kosten für die Anlagen / Ausstattung selbst, fallen auch laufende Kosten zur Instandhaltung und Aktualisierung der digitalen Infrastruktur sowie für Monitoring an. D.h. eine entsprechende Finanzierung muss langfristig etabliert werden.

Soziale und demografische Strukturen müssen im Blick behalten werden, da nicht jeder Zugang zu digitalen Medien hat.

Handlungsoptionen der Digitalisierung für blau-grüne Infrastrukturen

Netzwerk: Nutzung der Daten für ein intensives Monitoring und zum Austausch mit Dritten, z.B. mit der Forschung, um Prozesse effektiver und effizienter zu gestalten. Weiterentwicklung der digitalen Möglichkeiten.

Rückhaltung und Leitung: Smarte Lösungen zur Steuerung von Anlagen der Regenwasserbewirtschaftung, z.B. Steuerung von Retetionsdächern, multifunktionalen Retetionsflächen oder dem temporalen Einstau von Verkehrswegen.

DIGITALISIERUNG FÜR BLAU-GRÜNE INFRASTRUKTUREN

Digitalisierung und Zusammenhalt:

Digitale Frühwarnsysteme bei Extremereignissen, Einbindung von BürgerInnen und Sensibilisierung

Speicherung: Flexible Steuerung von Anlagen zur Speicherung von Regenwasser, z.B. als Vorsorge für Hitze- / Trockenperioden

Hintergrund: Digitalisierung in der Smart City Charta

In der „Smart City Charta“ aus dem Jahr 2017 werden mögliche Einsatzgebiete der Digitalisierung im kommunalen Kontext dargestellt:

„Die Digitalisierung von Kommunen ist kein Selbstzweck. Sie soll sowohl im sozialen, ökologischen wie auch ökonomischen Sinne nachhaltigen Zielen dienen und darf diesen nicht entgegenwirken. Kommunen sollen die Digitalisierung dazu nutzen, ihre Entwicklung sozial verträglich, gerecht, energie- und ressourceneffizient zu gestalten. Eine solche, bewusst gesteuerte digitale Transformation sollte lokale Wertschöpfung, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lebensstile unterstützen. Die Smart City erweitert das Instrumentarium der nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung um technische Komponenten, sodass die Gesellschaft, der Mensch und seine Lebensgrundlagen auch zukünftig im Mittelpunkt stehen.“ 

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR); Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (Hrsg.): Smart City Charta 2017 – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten

Hintergrund: Begrifflichkeiten zur Digitalisierung von kommunalen Strukturen

Beispiel: Smartes Bewässerungsmanagement in Frankfurt am Main

Mit Hilfe von digitalen Sensoren zur Bodenfeuchtemessung sollen in Frankfurt 45 Baumstandorte überwacht werden. Möglicher Bewässerungsbedarf soll über das Netzwerk LoRaWAN an das Grünflächenamt übermittelt werden. Dadurch werden Stadtbäume bedarfsgerecht bewässert, was sie vor einem Austrockenen in Zeiten des Klimawandels schützen soll. Eine digitale Phytosythesemessung und eine Blattanalyse überwachen dazu urbane Stressfaktoren, die auf den Baum einwirken. Erkenntnisse des Projekts können auch für die Wahl neuer Baumstandorte genutzt werden.

Weitere Informationen im Artikel „Bewässerungsmanagement in Frankfurt: Wenn Bäume smart werden.“ In: #stadtvonmorgen

Relevante Projekte

AMAREX – Anpassung des Managements von Regenwasser an Extremereignisse

Anhand der Untersuchung des urbanen Wasserhaushalts im Vergleich zum natürlichen werden im Projekt AMAREX Methoden entwickelt, mit denen das kommunale Regenwassermanagement an Extremereignisse angepasst werden kann. Diese sollen anschließend in einem Webtool zusammengeführt und als digitales Werkzeug für kommunale Stakeholder zur Verfügung gestellt werden.

DIGITAL WATER CITY

In Zusammenarbeit fünf europäischer Großstädte – Berlin, Mailand, Kopenhagen, Paris und Sofia – wird das Projekt Digital Water City das Potenzial smarter digitaler Technologien nutzen, um die integrierte Bewirtschaftung von Wassersystemen voranzubringen. Dabei sollen 15 fortschrittliche Lösungen entwickelt werden, welche die gesamte Bandbreite innovativer digitaler Technologien abdecken.

CATCH

In dem INTERREG-Projekt CATCH sollen mittelgroße Städte im Nordseeraum im Umgang mit Extremwetterereignissen unterstützt werden. Die erarbeiteten Tools werden in Pilotstädten getestet und sollen zu einer wassersensiblen Entwicklung beitragen. Interessant ist die Umsetzung der Instrumente in der Stadt Oldenburg, wo ein datengestütztes Verkehrsleitsystem umgesetzt wird, welches den Verkehr bei Überflutungen umleiten soll.